"Was sollte J über den anderen Endpunkt der industriellen Fertigung in Schweden schreiben, über Volvo? Die Beschreibung von Volvo beginnt am besten auf den schwedischen Landstraßen, denn hier begegnet man den meisten Volvos. Der Erfolg eines Produkts ist zur Hälfte sein Image. Und die andere ist seine Qualität. Die Kunden verlassen sich darauf, dass unter dem Markenzeichen Volvo nicht irgendetwas verkauft wird, sondern haltbare Produkte. Ein näherer Blick auf die Hersteller von Autos aus anderen Ländern zeigt jedoch, dass auch diese auf Sicherheit und Haltbarkeit setzen.Volvos Plus besteht darin, dass die Fahrzeuge aus dem Land der Kugellager und Telefone, der Operationsbestecke und Hochspannungsleitungen kommen. In Schweden führte Volvo den Markt schon immer durch seine bloße Existenz an. Ein Volvo vermittelt das Gefühl der Sicherheit. Von Modelljahr zu Modelljahr erfolgen keine drastischen Veränderungen. Die Fahrzeuge wurden im Laufe der Zeit größer und teurer - die schwedischen Wohnungen wurden ja auch immer größer und teurer. Volvo verkauft immer mehr Kombis, weil auch immer mehr Menschen ein Wochenendhaus auf dem Land besitzen. So lange Volvos guter Ruf besteht, muss man keinerlei Angst vor dem Preiskampf der ausländischen Marken haben.
Und dann steht J im Lärm einer Montagehalle, genau an dem Punkt, an dem in der Fachsprache die Hochzeit stattfindet, Karosserie und Motor werden hier für ewig zusammengeführt - zumindest für etwa 15 Jahre.
Von großen Gebäuden und Fabrikationshallen wurde J schon immer beeindruckt. Trotzdem drängt sich ihm die Frage auf: Ist Volvo trotz seines Anteils von rund 10 Prozent am schwedischen Export und seinen zwei Prozent der Beschäftigung der schwedischen Erwerbstätigen im internationalen Wettbewerb nicht zu klein?"

Aus: Jörn Donner. Sverigeboken. Stockholm 1973. S. 226. (Textpassage aus dem Schwedischen von Walter Wolf)

Jörn Donner ist Finnlandschwede, d.h. Finne mit schwedisch als Muttersprache: Filmemacher (16 Filme), Journalist, Autor, Essayist, Reisender (10 Reiseromane), Kritiker und Politiker. Er war einige Jahre Leiter des schwedischen Filminstituts in Stockholm und viele Jahre Abgeordneter der Sozialdemokraten im finnischen Reichstag. Seine erste Novelle erschien 1951. Donner starb 2020 im Alter von 87 Jahren in Helsingfors.